Einführung ins PM (10): Was ist ein Netzplan?

Linh Tran, Montag, 11. Februar 2019 | Lesedauer: unbekannt

Eine der größten Herausforderungen im Projektalltag ist es, Termine einzuhalten und Projekte pünktlich abzuschließen. Eine Methode, die bei der Terminplanung im Projekt hilft, ist die Netzplantechnik.

Was ist ein Netzplan?

Im InLoox Projektmanagement-Glossar wird Netzplan folgendermaßen definiert:

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Der Netzplan im Projektmanagement stellt die Dauer von Vorgängen im Projekt, ihre zeitliche Anordnung und logische Abhängigkeiten zwischen den Vorgängen graphisch oder tabellarisch dar.

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Bei einem Netzplan stellen Knoten (Rechtecke) Vorgänge und Ereignisse dar. Diese Knoten werden über Pfeile miteinander verbunden. Die Pfeile stellen die Anordnungsbeziehung zwischen den Vorgängen oder Ereignissen dar.

Oftmals werden Projektstrukturplan und Netzplan synonym verwendet. Doch es gibt einen wichtigen Unterschied zwischen den beiden: Ein Projektstrukturplan stellt eine von der Terminplanung unabhängige Sicht auf das Projekt dar. Dabei werden logische Zusammenhänge in einem hierarchischem Baumdiagramm visualisiert. Bei einem Netzplan wird auch der zeitliche Ablauf mit Hilfe von Anordnungsbeziehungen berücksichtigt. Balkendiagramme wie z.B. Gantt Charts sind eine Sonderform des Netzplanes.

Ein Netzplan ermöglicht es dem Projektmanager also verschiedene Faktoren bei der Projektplanung zu berücksichtigen:

  • Abhängigkeiten und Anordnungsbeziehungen zwischen Vorgängen
  • Pufferzeiten zwischen den Vorgängen
  • Früheste und späteste Start- und Endtermine, sowie die Dauer der Vorgänge
  • Kritischer Pfad

Wie erstellt man einen Netzplan?

Jetzt haben wir viel über die Theorie gesprochen, doch wie funktioniert die Netzplantechnik eigentlich genau und wie erstellt man einen Netzplan? Anhand eines Beispiels – der Planung eines Teambuilding-Events - möchten wir Ihnen Schritt für Schritt zeigen, wie die Netzplantechnik funktioniert.

Schritt 1: Vorgänge, Dauer und Anordnungsbeziehungen definieren

Erstellen Sie eine Liste aller Vorgänge und definieren Sie die Dauer der Vorgänge. Bestimmen Sie außerdem die Anordnungsbeziehung zwischen den Vorgängen. Tragen Sie alles in eine Tabelle ein:

 

Einführung ins PM (10) - Netzplan - Schritt für Schritt Anleitung - Schritt 1

Schritt 2: Stellen Sie die Vorgänge in Form von Knoten dar und tragen Sie die Vorgangsdauern (d) ein.

Jeder Knoten wird folgendermaßen dargestellt:

Einführung ins PM (10) - Netzplan - Schritt für Schritt Anleitung - Schritt 2

  • FAZ = Frühester Anfangszeitpunkt = wann der Vorgang frühestens begonnen werden kann
  • FEZ = Frühester Endzeitpunkt = wann der Vorgang am spätestens
  • SAZ = Spätester Anfangszeitpunkt = wann man spätestens mit dem Vorgang starten muss, um das Projekt pünktlich zu abzuschließen
  • SEZ = Spätester Endzeitpunkt = wann der Vorgang spätestens erledigt sein muss, damit man das Projekt pünktlich abschließen kann
  • d = Dauer des Vorgangs (hier in Stunden)
  • Gesamtpuffer = Gesamter Zeitpuffer, der genutzt werden kann, bevor der pünktliche Abschluss des Projektes gefährdet wird
  • FP = Freier Puffer = Zeitpuffer, der zur Verfügung steht, bevor der Nachfolger-Vorgang beeinflusst wird

Schritt 3: Vorgänge miteinander verknüpfen

Bestimmen Sie die Anordnungsbeziehung und die Abhängigkeit zwischen den Vorgängen. Vorgänger und Nachfolger werden über Pfeile miteinander verknüpft – so sehen Sie welcher Vorgang bzw. welche Vorgänge Sie abschließen müssen, bevor Sie mit dem nächsten Schritt fortfahren können.

Einführung ins PM (10) - Netzplan - Schritt für Schritt Anleitung - Schritt 3

Schritt 4: Vorwärtsterminierung

Bei der Vorwärtsterminierung starten wir beim Vorgang 1 und gehen alle Vorgänge Schritt für Schritt durch, bis wir bei Vorgang 8 angelangt sind.
Tragen Sie den FAZ (frühester Anfangszeitpunkt) und den FEZ (frühesten Endzeitpunkt) ein
So berechnen Sie die jeweiligen Zeitpunkte:

  1. FAZ des ersten Vorgangs (1) ist immer 0
  2. FEZ eines Vorgangs = Summe von FAZ und Dauer >> bei Vorgang 1 ist das: 0+1=1 (FAZ = 0, d=1)
  3. FEZ eines Vorgangs ist gleichzeitig FAZ des Nachfolgers
  4. Hat ein Knoten mehrere Vorgänger wird der Vorgänger-FEZ genommen, der den HÖCHSTEN Wert hat, z.B. bei Vorgang 6: hier wird der FEZ von Vorgang 2 genommen (26)

Einführung ins PM (10) - Netzplan - Schritt für Schritt Anleitung - Schritt 4

5. Rückwärtsterminierung

Die Rückwärtsterminierung dient dazu den spätesten Anfangszeitpunkt (SAZ) und den spätesten Endzeitpunkt (SEZ) zu berechnen. Bei der Rückwärtsterminierung starten wir beim letzten Vorgang (8) und gehen alle Vorgänge durch, bis wir wieder bei Vorgang 1 angekommen sind.

So berechnen Sie die jeweiligen Zeitpunkte:

  1. SEZ des letzten Vorgangs (8) ist gleich seinem FEZ und stellt den Start der Rückwärtsterminierung dar. In unserem Fall also FEZ = 66 = SEZ
  2. SAZ eines Vorgangs = SEZ – Dauer >> Bei Vorgang 8 ist das: 66-5=61
  3. Der SAZ eines Vorgangs ist immer gleich dem SEZ des vorherigen Vorgangs. Z.B. SAZ für Vorgang 8 = 61, d.h. SEZ von Vorgang 7 = 61
  4. Hat ein Vorgang mehrere Nachfolger, so wird der KLEINSTE SAZ übernommen. Z.B. Vorgang 1 hat drei Nachfolger (Vorgang 2,3,4). Vorgang 4 hat den kleinsten SAZ (=1), d.h. SEZ von Vorgang 1 = 1.
  5. Die Rückwärtsterminierung ist korrekt, wenn FAZ = SAZ = 0 bei Vorgang 1 steht.

Einführung ins PM (10) - Netzplan - Schritt für Schritt Anleitung - Schritt 5

Schritt 6: Pufferzeiten

Bestimmen Sie als nächstes den Gesamtpuffer und den freien Puffer für alle Vorgänge.

Gesamtpuffer

  • Gesamtpuffer = SAZ – FAZ. Für Vorgang 6 ist das z.B. 30 (SAZ) -26 (FAZ) = 4

Der Gesamtpuffer zeigt an, wie viel Verzögerung man sich bei der Bearbeitung des jeweiligen Vorgangs leisten kann, bevor es den pünktlichen Abschluss des Projektes gefährdet.

Einführung ins PM (10) - Netzplan - Schritt für Schritt Anleitung - Schritt 6

Freier Puffer

  • Den freien Puffer (FP) berechnet man folgendermaßen: FAZ des Nachfolger-Vorgangs minus dem eigenen FEZ. Der FP für Vorgang 3 ist also: 26 – 16 = 10 (FAZ von Vorgang 4 = 26; FEZ von Vorgang 3 = 16)
  • Sollte ein Vorgang mehrere Nachfolger haben, so nimmt man den KLEINSTEN FAZ für die Berechnung. Vorgang 4 hat z.B. 2 Nachfolger (Vorgang 5 und 6). FAZ Vorgang 6 = 26, FAZ Vorgang 5 = 21, d.h. FP für Vorgang 4 ist: 21 - 21 = 0

Der freie Puffer zeigt an, wie viel Verzögerung man sich bei der Bearbeitung leisten kann, um die Bearbeitung des unmittelbaren Nachfolger-Vorgangs nicht zu gefährden.

Einführung ins PM (10) - Netzplan - Schritt für Schritt Anleitung - Schritt 6

Schritt 7: Kritischen Pfad bestimmen

Der kritische Pfad stellt die längste Kette von Vorgängen und Meilensteinen dar, bei denen es keinen (zeitlichen) Puffer gibt. Selbst die kleinste Verzögerung führt automatisch zu einer Verzögerung des Projektendes.

Bei der Netzplantechnik gehören alle Vorgänge zum kritischen Pfad, die keinen freien Puffer und auch keinen Gesamtpuffer haben. D.h. bei denen gilt: FP = GP = 0 >> In diesem Fall sind das Vorgänge 1, 4, 5, 7 und 8.

Einführung ins PM (10) - Netzplan - Schritt für Schritt Anleitung - Schritt 7

Der kritische Pfad bestimmt somit die Mindestprojektdauer und hilft dem Projektmanager rechtzeitig zu erkennen, bei welchen Vorgängen im Projekt Verzögerungen besonders riskant sind und so kann dieser von Anfang an dagegen steuern. Projektmanager sollten daher die Vorgänge auf dem kritischen Pfad besonders genau überwachen. Wenn man es schafft, bei den kritischen Vorgängen Zeit einzusparen, kann man die Laufzeit des gesamten Projektes verkürzen.

Fazit

Die Netzplantechnik ist sehr genau, ist aber auch sehr aufwändig zum Erstellen. Bei kleineren Projekten mit wenigen Vorgängen wie bei unserem Teambuilding-Event, ist es noch machbar. Hat man aber eine sehr große Planung mit sehr vielen Vorgängen, ist nicht nur die Erstellung eines Netzplanes aufwändig, sondern auch die fortlaufende manuelle Pflege ist zeitintensiv. Deshalb werden die meisten Netzpläne heutzutage mithilfe einer Projektmanagement-Software erstellt. Um den eigenen Projektplan zu verstehen, hilft es aber dennoch die Grundlagen der Methode zu beherrschen. Der Vorteil eines Projektmanagement-Tools ist, dass vieles wie z.B. der kritische Pfad automatisch berechnet werden und man für die Erstellung eines Projektplans nur den Bruchteil der Zeit benötigt im Vergleich zur manuellen Erstellung eines Netzplans.

 

Laden Sie sich die Planungsvorlage für diesen Netzplan herunter:

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1. Der Projektsponsor

2. Projektmanager oder Fachexperte?

3. Die 7 W's für Ihren Projektstart

4. Die Earned-Value-Analyse

5. Stakeholder glücklich machen

6. Der Projektlebenszyklus

7. Die verschiedenen PMO-Arten

8. Ansätze für die Projektplanung

9. Projektanalyse Mit PESTLE

11. Phasen-Meilenstein-Plan

12. Was gehört in den Projektstatusbericht?

13. So funktioniert die Rückwärtsplanung im Projekt

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