SAFe einfach erklärt (Teil 2): Grundidee und wichtigste Begriffe

Annalena Simonis, Donnerstag, 19. August 2021 | Lesedauer: 7 min.

Um diese komplexe Methode für Agilität zu begreifen, hilft es im ersten Schritt die wichtigsten Begriffe zu verstehen. In zweiten Beitrag unserer Reihe erklären wir Ihnen daher die Grundidee sowie die relevantesten Rollen und Bezeichnungen im agilen Unternehmen nach SAFe.

Die SAFe Methode baut auf der Lean-Philosophie auf und bietet ein festes Rahmenwerk in dem Scrum und andere agile Management-Methoden auf das gesamte Unternehmen skaliert werden können. Im letzten Beitrag dieser Reihe haben wir Ihnen bereits die grundlegenden Kernkompetenzen und Prinzipien erklärt, die es braucht, um SAFe erfolgreich im Unternehmen umsetzen zu können. Obwohl das Scaled Agile Framework so konzipiert wurde, dass der Einstieg durch viele bekannte Begriffe, Rollen und Methoden vereinfacht werden soll, ist das Konzept so weitläufig, dass es für viele erstmal sehr komplex erscheint. In diesem Beitrag wollen wir daher das grobe Grundkonzept sowie die relevantesten Begriffe zusammenfassen, die für das erste Verständnis der Methode relevant sind.

 

Das Grundkonzept

SAFe unterteilt Agilität im Unternehmen auf drei Abstraktionsebenen:

  • Team-Ebene (Scrum Teams)
  • Programm-Ebene („Projekt“-Ebene)
  • Portfolio-Ebene (gesamte Organisation)

Die Grundidee der Methode ist die Unterteilung aller Arbeitsschritte in viele verschiedene Zyklen, die über die einzelnen Ebenen hinaus aufeinander abgestimmt sind. Jede Ebene hat ihre eigenen Anforderungen, Events, Verantwortlichen sowie, festgelegten Zeitrahmen zur Erledigung der Aufgaben. Das bei vielen Lesern sicherlich bekannte Scrum Team arbeitet innerhalb von 1-4 Wochen (Sprints) an kleineren Anforderungen (Stories). Mehrere Sprint Teams, die zusammen im gleichen Takt arbeiten erschaffen so gemeinsam innerhalb eines Zeitraums ein bestimmtes Produkt. Auf Programm-Ebene arbeiten mehrere funktionsübergreifende Teams an der nächstgrößeren Anforderung zusammen. Das sog. Feature wird somit in einem größeren Zyklus (2-3 Monate) umgesetzt. Verschiedene Events bringen die einzelnen Zyklen zueinander, womit eine reibungslose Zusammenarbeit über alle Ebenen und Teams hinweg gewährleistet wird.

 

Die wichtigsten Begriffe

 

Agile Release Train (ART)

ARTs sind Schlüsselelemente, um Agilität unternehmensweit skalierbar zu machen. Meist findet Agilität in kleinen Teams statt, die sich darauf konzentrieren, Teile zu einem Ganzen beizutragen. In SAFe schließen sich mehrere funktionsübergreifende agile Teams zu den sogenannten Agile Release Trains zusammen, um in festgelegten Timeboxen ein gemeinsames „höheres“ Ziel (Feature) zu erreichen und einen kontinuierlichen Wertfluss sowie schlussendlich einen steten Nutzen für den Endverbraucher zu schaffen. ARTs bestehen in der Regel aus 50-125 Personen aus allen Fachbereichen (Software, Hardware, Firmware). Sie arbeiten als virtuelle Organisation und planen, entwickeln und implementieren alle Aufgaben gemeinsam.

Agile Teams

Im SAFe ist ein agiles Team eine funktionsübergreifende Gruppe von 5-11 Personen, die in einem kurzen Zeitrahmen einen Wertzuwachs (Product Increment) definieren, erstellen, testen und liefern. Wie auch in Scrum besitzt jedes Team zwei Schlüsselrollen: den Scrum Master und den Product Owner. Agile Teams sind der Motor für den Agile Release Train und damit letztendlich für das gesamte Unternehmen. Im ART arbeiten alle Teams mit anderen Teams zusammen, um ein gemeinsames Product Increment zu erreichen.

Business-Agilität

Business Agility ist die Fähigkeit, im digitalen Zeitalter wettbewerbsfähig zu bleiben und erfolgreich zu wirtschaften, indem man schnell auf Marktveränderungen und neue Chancen mit innovativen, digital gestützten Lösungen reagiert. Agilität im Unternehmen setzt voraus, dass alle, die an der Herstellung von Leistungen beteiligt sind - Führungskräfte aus Wirtschaft und Technik, Entwicklung, IT, Vertrieb, Marketing, Finanzen, Support, Compliance und andere - schlanke und agile Verfahren anwenden, um kontinuierlich innovative, hochwertige Produkte und Dienstleistungen schneller als die Konkurrenz zu liefern.

Continuous Delivery Pipeline (CDP)

Die Continuous Delivery Pipeline (CDP) stellt die Workflows, Aktivitäten und Automatisierungen dar, die erforderlich sind, um eine neue Anwendung von der Idee bis zur bedarfsgerechten Freigabe für den Endbenutzer bereitzustellen. Die Pipeline besteht aus vier Aspekten: Continuous Exploration (Kontinuierliche Erkundung), Continuous Integration (Kontinuierliche Integration), Continuous Deployment (Kontinuierliche Bereitstellung), und Release on Demand. Die Pipeline ist ein wesentliches Element der Agile Product Delivery-Kompetenz. Jeder Agile Release Train (ART) erstellt und pflegt eine Pipeline mit den erforderlichen Ressourcen und Technologien, um den Lösungswert (Program Increment) so unabhängig wie möglich zu liefern. Die ersten drei Elemente der Pipeline (CE, CI und CD) arbeiten zusammen, um die Lieferung kleiner Mengen neuer Funktionen zu unterstützen, die dann zur zum richtigen Zeitpunkt der Marktnachfrage (Release on Demand) freigegeben werden.

Development Value Streams (DVS)

Development Value Streams (dt. Entwicklungswertströme) sind die Abfolge von Aktivitäten, die erforderlich sind, um eine hypothetische Geschäftsidee in eine digital gestützte Lösung umzuwandeln. Beispiele hierfür sind der Entwurf eines medizinischen Geräts, die Entwicklung und Bereitstellung einer Softwareanwendung, oder einer E-Commerce-Website. Im Gegenteil zu den Operational Value Streams (dt. operative Wertströme) werden im DVS Ideen und Lösungen von Fachleuten wie Softwareentwicklern, Produktmanagern und Ingenieuren definiert, erstellt und implementiert.

Iteration

Iterationen sind der Grundbaustein der agilen Entwicklung. Jede Iteration ist eine standardisierte Timebox von fester Länge, in der agile Teams schrittweise Werte in Form von funktionierender, getesteter Software und Systemen liefern. Die empfohlene Dauer der Zeitspanne beträgt zwei Wochen. Iterationen bieten eine regelmäßige, vorhersehbare Abfolge für Teams, um einen Mehrwert zu produzieren und die bereits entwickelten Produkte zu verbessern. Diese kurzen Zeiträume helfen dem Team, den Product Ownern, den Produktmanagern und anderen Beteiligten, die technischen und geschäftlichen Voraussetzungen in einem funktionierenden System regelmäßig zu testen und zu bewerten.

Operational Value Streams (OVS)

Im Gegenteil zu den Development Value Streams wo es mehr um die Ideenentwicklung und geht, stehen beim OVS die Aktivitäten im Vordergrund, um Produkte oder Dienstleistungen an den Kunden zu liefern. Dazu gehört beispielsweise die Herstellung des Produkts, die Ausführung eines Auftrags aber auch die Vermarktung der Produkte. Viele Mitarbeiter stehen hier auch im direkten Kundenkontakt, sei es im Verkauf oder im Support.

Program Increment (PI)

Das Program Increment (PI) ist ein Zeitfenster, in dem der Agile Release Train inkrementellen Wert in Form von funktionierender, getesteter Software und Systeme liefert. PIs sind in der Regel 8 - 12 Wochen lang. Das häufigste Schema für einen PI sind vier Entwicklungsiterationen, gefolgt von einer Innovations- und Planungsiteration (IP). Ein PI ist für einen Agile Release Train das, was eine Iteration für das agile Team ist. Es handelt sich um einen festen Zeitrahmen für die Planung, Erstellung und Validierung eines vollständigen Systeminkrements, die Präsentation des Werts und das Einholen von schnellem Feedback.

Alle Begriffserklärungen finden Sie gebündelt auf der offiziellen Webseite von SAFe.


Im dritten Teil dieser Reihe über das Scaled Agile Framework, stellen wir Ihnen kurz und knapp die Konfigurationsmöglichkeiten vor, die das Konzept bietet. Lesen Sie bis dahin auch weitere Beiträge aus dieser Reihe oder zu ähnlichen Themen:

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