Projektteam-Entwicklung: Die 5 Phasen nach Tuckman

Timo Gerhardt, Dienstag, 17. Mai 2022 | Lesedauer: 7 min.

Jeder, der schon einmal in ein Projekt involviert war, kann Folgendes bestätigen: Das Projektergebnis ist nur maximal so gut wie das dahinterstehende Team. Ein perfektes Team ist jedoch noch nie vom Himmel gefallen. Genau wie Menschen durchlaufen auch Gruppen eine permanente Entwicklung. Der Projekterfolg hängt stark von diesem Prozess ab. Damit Sie das für Ihr nächstes Projekt einplanen können, haben wir im Folgenden die 5 Phasen der Teamentwicklung nach Tuckman übersichtlich dargestellt. 

Inhalt

  1. Forming
  2. Storming
  3. Norming
  4. Performing
  5. Adjourning

Der US-amerikanische Psychologe Bruce Tuckman hat bereits im Jahre 1965 ein erstes Phasenmodell zur Entwicklung von Gruppen konzipiert. Obwohl seine Erkenntnisse bereits in die Jahre gekommen sind, erfreuen sie sich gerade heute, im Zeitalter von New Work wieder großer Relevanz und bewähren sich zunehmend. 

Für Leiter von Projektteams kann es von großem Vorteil sein, diese Entwicklungsphasen im Hinterkopf zu behalten. Die Leistung des Projektteams ist nämlich stark abhängig von den jeweiligen Phasen. Durch eine aktive Einflussnahme auf die Entwicklung des Teams entsteht ein enormes Leistungssteigerungspotenzial.  

1. Forming 

Die Findungsphase steht für das erste Zusammenkommen einer Gruppe. Zu diesem Zeitpunkt bestehen in der Regel noch keine zwischenmenschlichen Beziehungen und der Gruppe mangelt es an Struktur. Mitglieder verhalten sich zurückhaltend, tasten sich vorsichtig ab und versuchen, ihren Platz innerhalb der Gruppe zu finden. Dementsprechend ist die Leistung zu diesem Zeitpunkt relativ gering.  

In dieser ersten Phase ist es die Aufgabe der Führungskraft, interpersonelle Barrieren zu überbrücken, Kommunikation zu etablieren und erste Strukturen zu schaffen.  

2. Storming 

Sobald die Findungsphase abgeschlossen ist, tritt in der Regel eine Konfliktphase auf. Schließlich wurden zwischenmenschliche Barrieren überwunden und nun treffen unterschiedliche Interessen verschiedener Personen aufeinander. Teammitglieder mit ähnlichen Ansichten bauen eine Bindung auf und schließen sich zusammen. Es kommt also zur Spaltung innerhalb des Teams. Somit handelt es sich um eine unangenehme, aber zugleich enorm wichtige Phase. Die Bewältigung ist kritisch für den Erfolg des Projekts. Die ohnehin schon geringe Leistung nimmt in dieser Phase noch einmal deutlich ab. 

Essentiell in dieser Phase ist ein funktionierendes Konfliktmanagement. Der Projektleiter sollte durch rationales Lenken eine Eskalation vermeiden. Ein schneller Übergang in die nächste Phase ist sehr erstrebenswert. Jedoch muss dieser durch die Lösung der Konflikte erreicht werden und keinesfalls durch das Ignorieren der Probleme.  

3. Norming 

Das Aufarbeiten der Interessenskonflikte aus Phase 2 markiert den Anfang der Normierungsphase. Im Umgang mit den aufgetretenen Konflikten entstehen Regeln und Normen, an denen sich das Team bei kommenden Problemen orientieren kann. Die Rollen und Aufgabenbereiche der Mitglieder werden deutlich. Folglich sorgt der zunehmende Konsens dafür, dass auch die Kooperation innerhalb der Gruppe zunimmt. Wo zuvor konfliktäre Interessen standen, ist nun eine Einheit mit einem klaren Ziel. Dies ist der Ausgangspunkt für eine erfolgreiche Zusammenarbeit. Die bisher noch sehr geringe Leistung nimmt nun merklich an Fahrt auf.  

Um den Normierungsprozess zu beschleunigen, sollte der Projektleiter besonders auf die interne Kommunikation achten und Möglichkeiten zum Austausch schaffen. Dadurch entsteht schneller ein regeltechnischer Rahmen, in welchem sich das Team während des Projekts bewegen kann.  

4. Performing 

Nachdem die Rahmenbedingungen für das Projekt geklärt wurden, ist es nun an der Zeit, Leistung zu erbringen. Im Fokus der Leistungsphase steht eine effektive, als auch effiziente Zusammenarbeit der Teammitglieder. Es entstehen Synergieeffekte. Im Normalfall ist in der Performing-Phase die Leistung am höchsten und steigt zunehmend. Sollte sich das Projekt jedoch über einen längeren Zeitraum erstrecken, kann diese wieder abfallen, beispielsweise aufgrund von abnehmendem Innovationsgeist. Eine Rotation innerhalb der Gruppe oder ein frischer Wind durch Austausch mit Außenstehenden kann sinnvoll sein, um eine sogenannte Alterung der Gruppe zu vermeiden.  

Grundsätzlich lautet die Devise für Teamleitende in dieser Phase, aufgabenorientiert und zielgerichtet zu handeln. Sie sollten der Eigendynamik des Teams in einem positiven Umfeld freien Lauf lassen. Im Hinblick auf die Erreichung des Projektziels ist dies die wichtigste Phase.  

Bringen Sie Ihr Team möglichst schnell in die Leistungsphase und behalten Sie es bis zum Abschluss des Projekts dort! 

5. Adjourning 

Jedes Projekt hat ein Ende und so auch das zugehörige Projektteam.  Da zu diesem Zeitpunkt das Projekt bereits abgeschlossen ist, wird die Auflösungsphase oft für relativ unwichtig gehalten. Was dabei jedoch übersehen wird, ist die Chance, wertvolle Erkenntnisse für kommende Projekte festzuhalten. Obwohl die Leistungsbereitschaft hier typischerweise wieder abnimmt, sollte das Team den Projektablauf nochmals Revue passieren lassen. So können aufgetretene Fehler in Zukunft vermieden werden (Lessons Learned). Praktiken, die sich als sinnvoll herausgestellt haben, können wiederum etabliert werden. Aus diesen Gründen ist die Projektdokumentation ein wichtiger Bestandteil im Projektmanagement. 

Der Projektleiter sollte in dieser Phase nochmals aktiv Möglichkeiten für Kommunikation und Austausch schaffen, um Feedbackprozesse anzustoßen. Darüber hinaus sollte er sicherstellen, dass erste Auflösungserscheinungen keinesfalls schon vor dem Erreichen des Projektziels auftreten. 

Projektteam-Entwicklung: Die 5 Phasen nach Tuckman

Der von Tuckman beschriebene Entwicklungsprozess von Gruppen ist häufig nicht linear. Somit kann es während des Projekts immer wieder zu Rückschritten kommen und manche Phasen wiederholen sich möglicherweise. In manchen Fällen werden Phasen auch gar nicht abgeschlossen. So kann es sein, dass Projekte scheitern, weil die von einer hohen Leistungsbereitschaft geprägte Performing-Phase nicht erreicht wird.  

Folglich gilt es, den Entwicklungsprozess des Projektteams aktiv zu managen. Wenn Sie das Entwicklungsphasenmodell auf Ihr Projektteam übertragen, sollten Sie im Hinterkopf behalten, dass jedes Team ein individuelles und komplexes Konstrukt darstellt. So kommen Sie zu einem bestmöglichen Ergebnis und der Output Ihres Teams wird die Summe der Einzelleistungen übersteigen. 

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