Design Thinking: Innovation neu gedacht

Timo Gerhardt, Montag, 11. Juli 2022 | Lesedauer: 7 min.

Im Projektmanagement geht es in erster Linie darum, die Bedürfnisse des Auftraggebers zu erfüllen. In manchen Fällen gestaltet sich dies relativ einfach und das Projektteam kann auf altbewährte Methoden zurückgreifen, um zu einer naheliegenden und sinnvollen Lösung zu kommen. Wenn das Projekt eine komplett neuartige Problematik behandelt, reichen herkömmliche Ansätze oft nicht aus. Um eine innovative Lösung zu finden, die die Bedürfnisse der Anspruchsgruppen vollständig befriedigt, eignet sich das Konzept des Design Thinkings. Im folgenden Beitrag zeigen wir Ihnen, was Design Thinking ausmacht und wie dieser Ansatz Ihnen beim Managen von Projekten helfen kann. 

Eine schnelllebige Welt, ein dynamisches Marktumfeld und zuletzt ein immer intensiverer Wettbewerb machen es unmöglich, mit traditionellen Problemlösungsansätze komplexe Innovationsprojekte erfolgreich umzusetzen. Design Thinking als sehr zielgruppenorientierter und ideengenerierender Ansatz kann hier Abhilfe leisten. Das Konzept wird aktiv von dem Design- und Innovationsunternehmen IDEO aus Palo Alto unter CEO Tim Brown weiterentwickelt und verbreitet.

Inhalt

Die 3 Grundsätze

Das Konzept des Design Thinkings stellt drei Ansprüche an eine Lösung, die erfüllt werden müssen, damit diese als annehmbar gilt:

  1. Machbarkeit (Feasability)
  2. Begehrtheit (Desirability)
  3. Rentabilität (Viability)

Die Machbarkeit zielt auf die technische Umsetzbarkeit einer Lösung ab. Hierbei geht es nicht darum, ob eine Lösung grundsätzlich umgesetzt werden könnte, sondern, ob die Lösung mit den im Unternehmen verfügbaren Ressourcen innerhalb des vorgegebenen Zeitrahmens umgesetzt werden kann. Es sollte auch berücksichtigt werden, inwiefern sich der tatsächliche Aufwand der Umsetzung im Nutzen widerspiegelt.

Beim zweiten Gesichtspunkt der Begehrtheit wird die Perspektive des Auftraggebers eingenommen. Es soll reflektiert werden, ob die Lösung wirklich das ist, was der Kunde benötigt: Wird ein Bedürfnis des Kunden befriedigt, passt die Lösung in dessen Alltag, spricht sie den Kunden an und zuletzt, will der Kunde diese Lösung auch tatsächlich?

Beim dritten Punkt der Rentabilität wird eine ökonomische Perspektive eingenommen. Konkreter geht es hierbei um finanzielle Aspekte: Werden die Unternehmensziele erreicht, ist das Projektergebnis von nachhaltigem Erfolg, kann ein zufriedenstellender Return on Investment erwartet werden und ist die Zahlungsbereitschaft des Endkunden hoch genug?

Der Design Thinking Prozess

Bei dem Prozess, durch welchen sich Design Thinking auszeichnet, handelt es sich weniger um einen linearen Ablauf, sondern viel mehr um einen iterativen Kreislauf. Liefert eine Phase keinen Fortschritt, so wird eine Stufe zurückgegangen. Durch eine Wiederholung der verschiedenen Phasen nähert man sich einer optimalen Lösung an. Die 3 Phasen lauten wie folgt:

  1. Inspiration
  2. Ideation
  3. Implementation

In der Inspirationsphase steht die Beobachtung der Umwelt und der darin befindlichen Personen im Zentrum. Durch das Nachverfolgen des Verhaltens der Menschen im alltäglichen Leben bekommt das Team ein Gespür dafür, welche Bedürfnisse auftreten und wie alltägliche, kaum hinterfragte Prozesse verbessert werden können. Hierbei empfiehlt es sich, ein Augenmerk auf “extreme” User zu legen, wie beispielsweise Senioren, die bei vielen Produkten mehr auf eine einwandfreie Funktionalität angewiesen sind. So können besonders wertvolle Erkenntnisse generiert werden.

Für die nächste Phase ist es wichtig, Teammitglieder aus möglichst vielen unterschiedlichen Disziplinen miteinzubeziehen. So werden verschiedenste Perspektiven im Hinblick auf die Beobachtungen eingenommen. Ein Maschinenbauer wird andere Defizite und Möglichkeiten erkennen als ein Marketing-Experte. Ein Designer wird wieder andere Schlüsse ziehen. So wird ein divergentes Denken ermöglicht. Das bedeutet, dass Ideen entwickelt werden, die in viele verschiedene Richtungen gehen, aber dennoch auf ihre eigene Art und Weise Bedürfnisse erfüllen. Auf dieser Basis werden die Beobachtungen aus der Inspirationsphase in Ideen und mögliche Lösungen umgewandelt.

Entgegengesetzt zur zweiten Phase, in welcher der Fokus auf einem divergenten Ansatz liegt, geht es bei der Implementierung um konvergentes Denken. Wo zuvor verschiedenste Ideen interdisziplinär generiert wurden, werden nun diese unterschiedlichen Ansätze wieder in einer Lösung vereint. Diese Lösung wird vorerst in einem MVP, einem Minimum Viable Product umgesetzt. Dieser Prototyp vereint lediglich die grundlegendsten Features, die zur Befriedigung der eruierten Kundenbedürfnisse benötigt werden. Auf Basis dieses MVP´s kann Feedback generiert werden, das in den nächsten Prototyp miteinfließt. Dieser iterative Prototypenentwicklungsprozess führt schließlich zum endgültigen Projektergebnis.

Nutzerorientierung und kreatives Denken

Design Thinking zeichnet sich im Gegensatz zu anderen Entwicklungsprozessen für Produkte, Dienstleistungen, Prozesse oder auch Strategien dadurch aus, dass der Mensch als Nutzer im Zentrum steht. Anstatt sich auf Produkte, Dienstleistungen oder Funktionen zu fokussieren, setzt Design Thinking kompromisslos auf die Befriedigung menschlicher Bedürfnisse. Alles was dem im Wege steht, wird konsequent eliminiert. Diese Vorgehensweise ist der direkteste Weg zur Zufriedenheit des Kunden, beziehungsweise des Auftraggebers. Die Bezeichnung dieses Ansatzes begründet sich darauf, dass der Entwickler die Rolle eines Designers einnimmt. Ein Designer generiert Ideen ohne jegliche gedankliche Limitationen, wodurch auch emotionale Faktoren miteinfließen können. Hierfür werden verschiedene Quellen für Input herangezogen und eine Beteiligung Außenstehender ist stets erwünscht. Letztendlich sind unkonventionelles Denken und ein Blick über den eigenen Tellerrand von großer Bedeutung. Dies unterscheidet Design Thinking von anderen Ansätzen. Diese sind häufig geprägt von Rationalität und festgelegtem Prozessdenken. Ein rein wissenschaftlicher Analyseansatz ist jedoch oft nicht ausreichend zur Befriedigung multidimensionaler menschlicher Bedürfnisse.

Letztendlich wird auch die Beziehung zwischen dem Projektteam und dem Auftraggeber verbessert, da dieser als Kunde permanent miteinbezogen wird und den dadurch transparenten Entwicklungsprozess besser nachvollziehen kann.

Mangelt es einem Projektteam schließlich an Innovationsgeist oder befriedigen Projektergebnisse oftmals nicht die wirklichen Bedürfnisse des Auftraggebers, so empfiehlt es sich, bei der nächsten Entwicklung eines Produkts, einer Dienstleistung, eines Prozesses oder einer Strategie Design Thinking als Lösungsansatz zu wählen.

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