Unverzichtbar: Die Projekt-Umfeld-Analyse

Kathrin Jungwirth, Mittwoch, 25. Mai 2016 | Lesedauer: 7 min.

Die Projekt-Umfeld-Analyse generiert wichtige Informationen für die Planung und Strukturierung zukünftiger Projekte, deshalb gilt dieses Instrument in der Branche als unverzichtbar. 

Definition Projekt-Umfeld-Analyse (PUMA)

Mit Hilfe der Projekt-Umfeld-Analyse, kurz PUMA, untersucht meist der Projektleiter den Kontext, in dem ein zukünftiges Projekt durchgeführt werden soll. Zusätzlich werden alle projektinternen- und externen Einflussfaktoren auf das Projektumfeld identifiziert. Zur ganzheitlichen Erfassung des Umfelds sollten Projektleiter drei Perspektiven anwenden: das zeitliche Umfeld, das soziale Umfeld und das sachliche Umfeld.

Die PUMA liefert Ihnen eine Basis für die darauffolgende Projektstrukturierung und sollte deshalb immer vor Beginn eines Projektes durchgeführt werden. Ist das Projekt dann ins Rollen gekommen, überprüfen Projektleiter in regelmäßigen Abständen die Erkenntnisse der ersten Projekt-Umfeld-Analyse auf ihre Aktualität und führen, wenn nötig, Anpassungen durch.

 Ziele der Projekt-Umfeld-Analyse

Die PUMA verfolgt einige wichtige Ziele, um eine solide Basis für den Projekterfolg zu legen:

  • Identifizierung aller Rahmenbedingungen und Einflussfaktoren
  • Präventive Erkennung von Projektrisiken
  • Entwicklung von Handlungsmöglichkeiten zur Beeinflussung des Projektumfelds
  • Richtlinie für die Projektplanung
  • Identifizierung aller Stakeholder

Durchführung einer Projekt-Umfeld-Analyse

1. Identifikation des Projektumfeldes

In der ersten Analysephase liegt der Fokus auf dem Erkennen und dem Verstehen des Kontexts, in dem das Projekt stattfinden wird. Um eine detaillierte Untersuchung durchführen zu können, wird das Projektumfeld in drei verschiedene Perspektiven untergliedert: soziales Umfeld, zeitliches Umfeld und sachliches Umfeld. 

Das Projektumfeld

Soziales Umfeld

Die Analyse des sozialen Umfelds ähnelt sehr stark der Stakeholderanalyse, da der Fokus auf all diejenigen, die maßgeblich Einfluss auf das Projekt nehmen könnten oder möchten, liegt. Hier sollten Sie alle projektinternen und projektexternen Stakeholder, sowie deren jeweiligen Erwartungen und Ängste, berücksichtigen. Anhand der Erwartungen und Ängste kann herausgefunden werden, in welchem Ausmaß die Personen oder Personengruppen das Projekt beeinflussen könnten. Anschließend leiten Sie hierauf basierend vorbeugende oder korrigierende Maßnahmen als Reaktion auf potentielle Schwierigkeiten ab (siehe Maßnahmenplan). Zudem sollten Sie die Beziehungen der Stakeholder untereinander nicht vernachlässigen.

Zur Analyse des sozialen Umfelds kann zum Beispiel eine Mindmap eingesetzt werden. Das anstehende Projekt bildet dabei das Zentrum der Mindmap. Die Hauptknotenpunkte stellen die einzelnen Personen oder Personengruppen, die vom Projekt betroffen sind oder sich betroffen fühlen, dar. Anschließend können Sie in weiterführenden Knotenpunkten die positiven oder hinderlichen Möglichkeiten der Einflussnahme der Stakeholder aufführen. Rote oder grüne Pfeile können zur ergänzenden Visualisierung eingesetzt werden: rote Pfeile stehen dabei für einen hinderlichen Einfluss und grüne Pfeile für einen positiven Einfluss.

Um den Sinn einer Analyse des sozialen Umfelds zu verstehen, sollte Ihnen bewusst sein, dass das Projektziel nicht automatisch dem Ziel des jeweiligen Stakeholders entspricht. Dies soll mit einem kurzen Beispiel veranschaulicht werden. Nehmen wir an, das Ziel eines Projektes ist die Entwicklung eines neuen Design-Fahrrads, das auf dem vorhergehenden Modell aufbauen soll. Die Entwicklung dieses neuen Produktes ist aber nicht automatisch auch das Ziel der Unternehmensführung. Viel mehr ist das Ziel der Unternehmensführung die Umsatzsteigerung um x% durch das neue Fahrradmodell. So könnte die Erwartung der Unternehmensführung sein, dass das neue Fahrrad innerhalb kürzester Zeit auf den Markt kommen soll, um zur Umsatzsteigerung beizutragen. Auf Grund dessen wird die Unternehmensführung möglicherweise Druck auf das Projektteam ausüben. Hat der Projektleiter diese Erwartung und mögliche Einflussnahme erkannt, sollte er anschließend vorbeugende Maßnahmen ableiten (im Maßnahmenplan).

Zeitliches Umfeld

Im Rahmen des zeitlichen Umfelds betrachten Sie alle Tätigkeiten vor Beginn und nach Abschluss des Projektes. Wichtig ist hierbei, besonders auf Vorfälle und Gegebenheiten zu achten, die sich auf das Projekt auswirken könnten, und deren mögliche Konsequenzen.

Tätigkeiten, die vor Beginn eines Projektes anfallen, sind zum Beispiel der Projektantrag, die Entscheidung über die Art der Projekteinbindung in die Unternehmensorganisation, die Definition der Projektrollen und die Auswahl der Projektmitarbeiter. Eine Verzögerung im Projektantrag könnte zur Verschiebung des gesamten Projektprozesses führen und mögliche Konsequenzen hieraus sollten detailliert betrachtet werden. 

Tätigkeiten, die nach Abschluss eines Projektes anstehen, sind beispielsweise die Weiterentwicklung der Projektergebnisse und Änderungen in der Organisationsstruktur des Unternehmens. Die Projektmitarbeiter kehren nach dem offiziellen Projektabschluss in ihre Position in der Linienorganisation des Unternehmens zurück. Aufgaben, die zur Projektnachbearbeitung anfallen, führen sie dabei zusätzlich zu ihrer Linienposition aus. Hier sollte bereits im Rahmen der PUMA analysiert werden, ob der Umfang der Nachbearbeitung möglicherweise ein Folgeprojekt auslösen könnte, da er die Kapazitäten der Projektmitarbeiter in ihren Linienpositionen überschreitet.

Sachliches Umfeld

Im sachlichen Umfeld untersuchen Sie den Zusammenhang des Projektes mit der Unternehmensstrategie und mit anderen Projekten. Auf folgende Leitfragen sollten Sie hierbei eingehen:

  • Verfolgt das Projekt dieselben Strategien und Ziele wie das Unternehmen?
  • Wie beeinflusst das Projekt die Unternehmensstrategie und das Unternehmensziel?
  • Birgt das Projekt Chancen und Risiken für andere Projekte im Unternehmen?
  • Gibt es einen Abstimmungsbedarf mit anderen Projekten?

Zur Veranschaulichung greifen wir unser Fahrrad-Beispiel noch einmal auf. Nehmen wir an das Unternehmen startet ein weiteres Projekt mit dem Ziel zur Entwicklung von revolutionären E-Bikes. Damit könnte sich ein Abstimmungsbedarf mit dem vorher beschriebenen Design-Projekt ergeben. Das neue Design wäre beispielsweise auch für die E-Bikes interessant, deshalb sollten beide Projektteams schon vor Projektbeginn den notwendigen Austausch erkennen, um diesen in die Projektplanung zu integrieren.

 2. Entwicklung von Empfehlungen für das Projekt

Im Anschluss an die Analyse folgt die Erstellung eines Maßnahmenplans. Dieser Plan liefert korrigierende und vorbeugende Lösungsansätze für die zuvor identifizierten Probleme. Zusätzlich sollten Sie Strategien zur Risikominimierung von hinderlichen Einflüssen durch Stakeholder und Ansätze zur Verstärkung des positiven Einflusses bestimmter Personengruppen ableiteten. Ein Beispiel für ein Risiko im sozialen Umfeld wäre die Ablehnung einer Projektdurchführung durch die Öffentlichkeit. Im Maßnahmenplan werden hierfür Lösungsvorschläge zur Risikominimierung festgehalten. Der Maßnahmenplan gilt als vielfältiges Instrument im Rahmen der Projektvorbereitung und kommt auch in der Projektrisikoanalyse zum Einsatz.

In unserem Beispiel zum Design-Projekt würde der Maßnahmenplan unter anderem eine Strategie zur Minimierung des von der Unternehmensführung ausgehenden Zeitdrucks enthalten. Zusätzlich wäre eine Empfehlung zu einem regelmäßigen Austauschmeeting mit dem E-Bike Projektteam im Maßnahmenplan zu finden.

 
 

 3. Laufende Beobachtung der variablen Rahmenbedingungen

Die Projektumfeldanalyse ist erst abgeschlossen, wenn das Projekt erfolgreich durchgeführt wurde. Bis dahin gilt eine kontinuierlich Beobachtung des Projektumfeldes als ausschlaggebend, um auf eventuelle Änderungen frühzeitig reagieren zu können (Bsp.: Gesetzesänderungen, Wetterbedingungen bei Bauvorhaben). 

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