Retrospektiven: Rückblickend vorausschauen

Klara Obermair, Montag, 18. Mai 2015 | Lesedauer: unbekannt

Retrospektiven: Rückblickend vorausschauen

Bild: cocoparisienne via pixabay

Aus jedem Projekt können rückblickend positive und negative Schlüsse gezogen werden. Dieser Erfahrungsschatz sollte genutzt werden, um zukünftige Projekte zu optimieren und besser durchzuführen. Im agilen Projektmanagement spricht man von Retrospektiven – Doch was sind Retrospektiven genau und wie laufen sie ab?

Wie in den zwölf Prinzipien des Agilen Manifests verankert, „reflektiert das Team in regelmäßigen Abständen, wie es effektiver werden kann und passt sein Verhalten entsprechend an“. Im Scrum-Ansatz findet dies im Rahmen von Retrospektiven statt, die nach der Fertigstellung einer Iteration bzw. eines Sprints erfolgen. An diesen Meetings nehmen möglichst viele Projektbeteiligte teil, um verschiedene Sichtweisen zusammenzubringen und somit einen höheren Input zu generieren. Handelt es sich um spezifische Probleme, die zum Beispiel nur die Vertriebsabteilung betreffen, kann der Teilnehmerkreis jedoch auch eingeschränkt werden.

Ziele einer Retrospektive

Sinn einer Retrospektive ist es, einen Blick auf das Geleistete zurückzuwerfen und daraus für das weitere Vorgehen zu lernen. Besonders das Team und seine Arbeitsweise stehen dabei im Vordergrund: Die Zusammenarbeit soll verbessert und die Teambindung verstärkt werden. Voraussetzung dafür ist jedoch eine offene, angstfreie Atmosphäre: Ohne Vertrauen vonseiten der Beteiligten kann eine Retrospektive nicht erfolgreich umgesetzt werden. Es geht nicht darum, jemanden für Fehler verantwortlich zu machen, sondern vielmehr um die Frage, warum etwas wie passiert ist und wie man dies in Zukunft verbessern kann. Idealerweise werden also auch gleich Lösungsvorschläge ausgearbeitet. Doch nicht nur Negatives, sondern auch Erfolgsmomente sollen aufgezeigt werden: Was war gut, was kann beibehalten werden?

Vorgehen

Retrospektiven werden regelmäßig im laufenden Projekt durchgeführt und haben eine zeitliche Begrenzung („timebox“), die vorher festgelegt wird. In größeren Abständen können auch längere Retrospektiven realisiert werden, beispielsweise alle zwei bis drei Monate. Ein neutraler Moderator bzw. Scrum Master moderiert die Veranstaltung. Er kann sowohl von intern, als auch von extern kommen.

Laut Esther Derby und Diana Larsen besteht eine Retrospektive aus fünf Phasen. Die erste davon ist „Set the stage“, in der Vorbereitungen getroffen und die Teilnehmer auf den Fokus der Veranstaltung eingestimmt werden. Hier kann auch auf den Kontext verwiesen werden: „Dies ist Retrospektive 5 aus 10, bis zur Projektbeendigung sind es noch drei Monate etc…“. Anschließend folgt die Informationssammlung („Gather Data“), in der ein Überblick über die Ereignisse der abgeschlossenen Iteration gegeben wird. Daraus werden Rückschlüsse gezogen und Verbesserungsvorschläge ausgearbeitet („Generate insights“). Darauf folgen konkrete Entscheidungen („Decide what to do“): Was wird umgesetzt, wer übernimmt diese Aufgaben und was kann man ggf. weglassen? Schließlich werden die ausgearbeiteten Punkte noch einmal zusammengefasst, um die Retrospektive abzuschließen („Close the retrospective“).

Retrospektive vs. Lessons Learned vs. Projektaudit

Möglicherweise sind Sie neben der Retrospektive auch auf die Begriffe „Lessons Learned” und „Projektaudit” gestoßen. Doch sie bezeichnen nicht dasselbe Konzept, sondern drei verschiedene Vorgehensweisen.

Lessons Learned bedeutet übersetzt so viel wie gewonnene Erkenntnisse. Diese werden hier jedoch erst am Ende eines Projekts als Teil der Projektabschlussdokumentation erarbeitet und nicht bereits im laufenden Projekt umgesetzt wie eine Retrospektive. Die Lessons-Learned-Methode findet man eher bei klassischen als bei agilen Projekten.

Ein Projektaudit hingegen wird noch während des laufenden Projekts durchgeführt. Es ist als Inspektion oder Kontrolle des Projekts zu verstehen und wird deshalb meist durchgeführt, wenn der Misserfolg des Projekts droht oder es in einer Krise steckt. Vorgenommen wird dies immer von einer neutralen Instanz, die von extern herangezogen wird.

Tipps

Da Retrospektiven unter anderem als Ziel haben, das Team zu stärken, soll auch niemand zu kurz kommen. Der Scrum Master sollte deshalb den Austausch und die Kommunikation fördern, damit sich jeder aktiv am Meeting beteiligt. Dabei lassen sich verschiedenste Methoden der Retrospektive anwenden, um die Atmosphäre aufzulockern; eine Auswahl finden Sie hier und hier. Oder wussten Sie, wie man Glückskekse und Fußball mit einer Retrospektive verbinden kann?

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